radsport berichte

... auf den Spuren der Großen im Radsport

Kurz vor dem Start der Tour de France 2003 machten sich einige Freizeitsportler des TV Kärlich auf, um eigene Erfahrungen zu sammeln. Sie wollten spüren, was es bedeutet, die höchsten befahrbaren Alpenpässe selbst zu bezwingen.

Die Logistik wurde bereits im Winter geplant. Zwei Wohnmobile wurden gemietet. Sie boten den sieben Radfahren und den beiden Begleitfahrern das erforderliche Umfeld für Transport, Betreuung und Unterkunft. Die eigene Basisverpflegung war - anpasst an die sportlichen Anforderungen - bei unserem "Koch" Hans-Günter in den besten Händen.

Jetzt galt es, sich sportlich fit zu machen für das Abenteuer Alpen. Gut 4.000 km mit unterschiedlichen Trainingsanreizen umfasste das Aufbauprogramm, das wir im Frühjahr absolvierten. Das hiess, an vielen Sonn- und Feiertagen unterbrach der Wecker gegen sechs Uhr brutal den Schlaf. Aber wir wollten es ja so.

Und plötzlich war Samstag, der 28. Juni, und wir waren Richtung Süden unterwegs. Die Radtour startete in Martigny (Nähe Genfer See) und endete in Nizza. Dazwischen lagen zehn Alpenpässe, über die wir mit unseren Rädern klettern wollten.

Sonntag, 29.06.2003
Die erste Etappe führte über den Großen St. Bernhard (2.473 m) und den Kleinen St. Bernhard (2.188 m) mit gut 160 Tageskilometern und 3.600 Höhenmetern nach Séez. Es war heiß, aber die grandiose Berglandschaft, die steilen Kehren der Anstiege und die atemberaubenden Abfahrten fesselten unsere ganze Aufmerksamkeit. Der erste Tag war hart und signalisierte uns, was uns noch erwartete. Gleichzeitig erkannten wir, dass die Kräfteeinteilung gut dosiert sein musste.
    
Montag, 30.06.2003
Am zweiten Tag erwartete uns der Col de l'Iseran. Nach 40 km Anstieg und 2.000 Höhenmetern genossen wir das Panorama von zweithöchsten Alpenpass (2.770 m). Eine lange und heiße Abfahrt führte uns zum Etappenziel St. Michel de Maurienne. Über einen kleinen Gegenanstieg nahmen wir quasi im Vorbeifahren den Col de Madeleine (1.746 m) mit.
              

Dienstag, 01.07.2003
Heute standen drei Pässe auf dem Programm. Über den Col de Télégraphe (1.600 m), Col du Galibier (2.646) und Col du Lautaret (2.059 m) - alle in der Tour de France 2003 befahren - erreichten wir durch wilde Taleinschnitte das Etappenziel Briançon. Ein malerisches Städtchen mit über 300 Sonnentagen im Jahr. Die Abendsonne bestätigte das, obwohl wir heute vormittag die einzige Regenphase hatten. Dadurch verloren wir so viel Zeit, dass wir den zusätzlich geplanten Anstieg zum legendären l'Alpe d'Huez streichen mussten - schade.

Mittwoch, 02.07.2003
Durch Kiefernwälder (Baumgrenze bei ca. 2000 m) führte uns morgens der Anstieg hinauf zum Col d'Izoard (2.260 m). Oben erwartete uns die für die Alpen einmalige, wildzerklüftete Felslandschaft "Casse Déserte" mit bizarr geformten Pyramiden. Wahnsinnige Talblicke auf der Abfahrt nach Guilleste motivierten uns für den Col de Vars (2.190 m). Die Passhöhe bot wenig; dann die steile Abfahrt über eine schwierige Buckelpiste - die Bremsen mussten Schwerstarbeit leisten. Im Tal Richtung Jausiers gab es herrliche Blicke in die tiefen Einschnitte der Bergflüsse.

Donnerstag, 03.07.2003
Der Col de la Bonette ist mit 2.802 m die höchste Passstraße Europas. Heute galt es, diesen letzten Alpenpass zu erklettern. 24 km Anstieg und 1.600 Höhenmeter - und wir hatten auch diese mächtige Hürde vor der langen Abfahrt ans Mittelmehr genommen. Davon die letzten tausend Meter mit durchgehend 14% Steigung rund um die Cime de la Bonette - aber die Euphorie trug uns in einem langen Schlussspurt den kahlen, braunen Berg hinauf. Und dann die Rundumsicht - einfach Wahnsinn!

Steile Bergabpassagen, wilde Links-Rechts-Kehren und dann ging es über 120 km Länge und 2.800 m Höhenunterschied hinab nach Nizza. Angekommen an der weltbekannten Strandprommenade mit ihrem quirligen Treiben: krasser können Gegensätze kaum sein!

Nach einer Abkühlung im Mittelmeer machten wir zwie Tage Zwischenstopp am Lago Maggiore. Relaxen war angesagt. Mit Bahn und Schiff erkundeten wir die Gegend um den herrlichen See. Am Montagabend brachten uns unsere Betreuer Fahrer und Radfahrfreunde Edgar und The gesund zurück zu unseren Frauen.

Fazit
Nach dieser Tour können wir ein kleines Stück nachvollziehen, welche Leistungen die Radprofies bei der Drei-Wochen-Rundfahrt der Tour de France vollbringen. Und - nach dem erklettern der Bergriesen in den Alpen haben die heimatlichen Hügel deutlich an Schrecken verloren!

Aber - in unseren Köpfen reifen schon die ersten Ideen für die nächste Radsport-Herausforderung ....